Das "Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien" wurde am 9. Juni 2024 durch das Stimmvolk angenommen. Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die wichtigsten Änderungen.
Vorlage für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien – Was ändert sich?

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Ausgangslage
- Das neue Gesetz beinhaltet v.a. Änderungen des Energiegesetzes (EnG) und des Stromversorgungsgesetzes (StromVG), aber auch des Raumplanungs- und Baugesetzes (RPG) und des Waldgesetzes.
- Die Änderungen sollen per 01.01.2025 in Kraft gesetzt werden.
- Von praktischer Relevanz werden die Ausführungsverordnungen sein; diese befinden sich aktuell noch im Gesetzgebungsprozess (die Vernehmlassung wurde am 28.05.2024 abgeschlossen).
Schweizweite Harmonisierung der Vergütung für überschüssigen Solarstrom
Bis anhin konnte jedes Elektrizitätswerk die Vergütung für überschüssigen Solarstrom, abgesehen von gewissen gesetzlichen Vorgaben, selbst festlegen. Die Vergütungstarife variieren daher derzeit stark.
Neu kommt bei Nichteinigung über die Vergütung ein schweizweit harmonisierter Preis zur Anwendung, der sich nach dem Quartals-Marktpreis der europäischen Strombörse (sog. Referenz-Marktpreis) richtet. Für kleinere Anlagen legt der Bundesrat Minimalvergütungen fest (gem. Vernehmlassungsvorlage je nach Leistung der Anlage: bis 30 kW = 4.6 Rp./kWh, 30 bis 150 kW ohne Eigenverbrauch = 6.7 Rp./kWh, 30 bis 150 kW mit Eigenverbrauch = keine Minimalvergütung).
Einführung lokaler Elektrizitätsgemeinschaften
Neu können Endverbraucher:innen, Produzent:innen und Speicherbetreiber:innen lokale Elektrizitätsgemeinschaften (ELG) bilden, um auf Quartierebene mit selbstproduziertem Strom zu handeln.
Der Hintergrund ist folgender: Die Dezentralisierung der Stromversorgung ist Teil der Energiestrategie 2050. Mit den ELG sollen räumlich ausgedehntere Energiegemeinschaften (wie beim ZEV = Zusammenschluss zum Eigenverbrauch) ermöglicht werden. Ausserdem werden die Bestimmungen zum ZEV leicht gelockert (bspw. Möglichkeit Nutzung der Anschlussleitungen).
Die selbst erzeugte Elektrizität kann innerhalb der ELG frei abgesetzt werden, wobei zu einem reduzierten Netznutzungstarif auch das öffentliche Verteilnetz genutzt werden darf (beim ZEV ist dies nicht möglich). Im Gegensatz zum ZEV bleiben die einzelnen Teilnehmenden ausserdem Endverbraucher im stromversorgungsrechtlichen Sinn.
Neue Regelungen für die Grundversorgung
Auf eine vollständige Marktöffnung hat das Parlament erneut verzichtet, die Tarifgestaltung in der Grundversorgung wird jedoch weitgehend neu geregelt:
Zur Förderung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien in der Schweiz werden Grundversorgungsunternehmen neu verpflichtet, einen Mindestanteil an Strom aus erneuerbarer Eigenproduktion für die Grundversorgung einzusetzen. Kann der Mindestanteil nicht mit der "erweiterten Eigenproduktion" (Eigenproduktion des Energieunternehmens und im Netzgebiet aufgrund der Abnahmepflicht abgenommene Elektrizität) erreicht werden, sind zusätzlich Mittel- bzw. Langfristverträge über inländische erneuerbare Energien abzuschliessen. Damit dürfte die Nachfrage nach sog. Power Purchase Agreements (PPA) in der Schweiz steigen. Zudem müssen Grundversorgungsunternehmen neu als Standard ein Stromprodukt anbieten, das insbesondere auf der Nutzung von inländischen erneuerbaren Energien beruht.
Im Zusammenhang mit den Grundversorgungstarifen wird die umstrittene "Durchschnittspreismethode" der ElCom abgeschafft. Sie wird ersetzt durch eine separate Beschaffungsstrategie für die Kund:innen in der Grundversorgung einerseits und die freien Marktkund:innen andererseits. Damit sollen Preisverzerrungen und Quersubventionierungen zugunsten des freien Markts auf Kosten der Grundversorgung vermieden werden. Die Grundversorgungsunternehmen werden zudem verpflichtet, die Preisrisiken durch eine strukturierte und längerfristig ausgerichtete Beschaffung so weit wie möglich abzusichern.
Effizienzvorgaben für Stromversorgungsunternehmen
Neu erhalten Stromversorgungsunternehmen eine Zielvorgabe, um die Effizienz bei der Verwendung von Strom zu steigern. Diese Zielvorgabe erreichen sie durch die Umsetzung von verschiedenen Massnahmen bei den Endverbraucher:innen – etwa indem sie Haushalte beraten oder Gewerbebetriebe bei der Installation von energieeffizienten Anlagen unterstützen (Effizienzdienstleistungen).
Dabei können Stromversorgungsunternehmen die Effizienzdienstleistungen selbst erbringen, aber auch Nachweise von Dritten erwerben, dass diese Effizienzmassnahmen umgesetzt haben. Insgesamt dürfte die Nachfrage nach Effizienzmassnahmen und entsprechenden Zertifikaten (sog. weisse Zertifikate) mit den neuen Vorgaben deutlich steigen.
Einige weitere Neuerungen
- Die seit Herbst 2022 schweizweit vorgesehenen Pflichten zur Erstellung von Solaranlagen (sog. Solaroffensive, d.h. eine Pflicht beim Bau neuer Gebäude mit einer anrechenbaren Gebäudefläche von mehr als 300 m2) wurden dauerhaft im EnG verankert.
- RPG: Lockerungen betreffend genügend angepasste Solaranlagen an Fassaden und Solaranlagen über und am Rande von Parkierungsanlagen.
- Windkraft- und Solaranlagen ab einer bestimmten Grösse und Bedeutung gelten als Anlagen von nationalem Interesse. Für solche Anlagen gibt es erleichterte Planungsbedingungen, wenn sie in Gebieten geplant sind, die für die Nutzung von Windkraft und Solarenergie geeignet sind, und die nicht in einer geschützten Landschaft von nationaler Bedeutung liegen.
- Weiter gibt es ein neues Förderinstrument für grosse PV-Anlagen ohne Eigenverbrauch (sog. gleitende Marktprämie).
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